Der Urlaub steht vor der Tür, und wir alle möchten dies nutzen, um uns ein wenig wohlverdiente Erholung zu gönnen. Für unser vierbeinigen Freunde gibt es jedoch keine richtige Pause, denn die Monate Juli und August stehen nicht unbedingt für eine Flaute im Bereich der Ausstellungen.

Für sie gilt es, sich auf einige wichtige Veranstaltungen vorzubereiten, die sich ab Ende August am Horizont abzeichnen.

So freuen sich die Veranstalter der Ausstellung der FCI-Europasektion darauf, Sie vom 25. bis 27. August in Kiew begrüßen zu dürfen. Der ukrainische Hundeverband, die UKU, hat bereits bei zahlreichen Gelegenheiten ihr Know-how unter Beweis gestellt. Kein Zweifel, dass diese Veranstaltungen den hohen Erwartungen gerecht werden wird!

Weiter

Y. De Clercq
Exekutivdirektor
Der Hund, der der Stimme seines Herrn lauscht, war kein Fox Terrier

So manche Nachmittage kehrte ich bei meinem Großvater ein, der, wie ich Ihnen bereits unzählige Male erzählt habe, ein großer Hundefreund war. Ich sehe ihn noch vor mir, es war ein Ritual, besonders im Winter. Der Nachmittagskaffee wurde im Raucherzimmer serviert, Großvater trug einen kurzen, wattierten roten Hausmantel mit schwarzem Samtrevers, schwarzrote Pantoffeln, ein Halstuch aus Kaschmir. Aus seiner Brusttasche zog er eine goldene Nickelbrille mit ausklappbaren Bügeln, die ich heute noch habe. Dann wählte er eine Schellackplatte mit Melodien von früher aus, die auf einem Grammophon mit Kurbelantrieb abgespielt wurde, begleitet von diesem ewig knirschenden Schleifen … wir hörten Louis Armstrong „When You’re Smiling“ und andere Lieder wie Orchester-Arrangements von Xavier Cugat. Diese Nachmittage endeten immer mit einem Brandy aus dem Hause Larios und einer guten Zigarre.

Wir unterhielten uns über viele Dinge, über mein Studium, das Leben, die alten Zeiten, über Musik und vor allem über Hunde.

Bei den Schallplatten, von denen ich einige aufbewahrt habe - das Grammophon beglückte bei der Erbteilung einen anderen - gab es auch einzelne mit dem Hund, der der Stimme seines Herrn lauscht. Großvater behauptete immer, es sei ein Jack Russel Terrier, der der Stimme seines toten Herrn lauschte, andere meinten, es sei ein Fox Terrier, aber wer hatte nun Recht? Ich fand, er hatte ein seltsames Gesichtchen, wenn er das sein sollte, was man von ihm sagte …

Wir alle kennen die Abbildung auf den Schallplatten mit dem Hund, der der Stimme seines Herrn lauscht, weil er selbst in Filmen der damaligen Zeit eine mal mehr, mal weniger große Rolle spielte. „Nipper“, so hieß der kleine schwarzweiße Hund.

Nipper wurde 1884 in Bristol, England geboren. Er war eine Mischung aus einem Bull Terrier und einem Fox Terrier und gehörte Mark Henry Barraud. Nipper heißt so viel wie „Kneifer“, weil er stets versuchte, die Besucher in die Hacken zu kneifen und im Richmond Park in die Luft schnappend hinter den Eichhörnchen, Tauben, Kaninchen und Fasanen herjagte. Als Mark Barraud 1887 starb, erbten seine beiden Brüder Phillip und Francis den Hund, der fortan bei Francis in Liverpool lebte. Phillip interessiert uns für diese Geschichte nicht weiter, da er kein besonderer Hundefreund war, im Gegensatz zu Francis.

Francis hatte ein Fotostudio, war Maler und Mitglied der Royal Academy of Arts. Von seinem verstorbenen Bruder erbte er auch einen Phonographen sowie Aufnahmen mit Marks Stimme.

Jedes Mal, wenn Francis, in wehmütiger Erinnerung an seinen Bruder, die Aufnahme mit Marks Stimme auflegte, staunte er über das Interesse, das Nipper zeigte, wenn er den Phonographen hörte (Phonographen können im Gegensatz zu Grammophonen aufnehmen). Nipper setzte sich vor den Schalltrichter, leckte und beschnüffelte ihn aufgeregt, hörte, das Köpfchen schief gelegt, mit großer Aufmerksamkeit zu und schaute hinter dem Phonographen nach, in der vergeblichen Hoffnung, dort seinen verstorbenen Herrn zu finden.

Dank seines künstlerischen Genies und ob der Hingabe des Hundes für seinen verstorbenen Herrn machte Francis 1895 ein Foto von Nipper in der Haltung, in der wir ihn alle kennen: der Stimme seines Herrn lauschend, die aus dem Phonographen kam. Nipper starb im September mit gut elf Jahren.

Francis, der voller Bewunderung für die Treue des Tieres war, hatte die Idee, dieses Foto in einem Ölgemälde festzuhalten. 1898 wurde das Gemälde fertig und am 11. Februar 1899 unter dem Titel „Hund schaut in den Trichter eines Phonographen“ registriert. Barraud beschloss, den Namen des Gemäldes in "Die Stimme seines Herrn“ (His Master’s Voice) umzuändern und wollte es in der Royal Academy ausstellen. Diese aber lehnte das Bild, auch bei späteren Anträgen, mit der Begründung ab, dass niemand wisse, was der Hund da mache. Zunächst hatte er das Gemälde nicht verkaufen wollen, aber als er in finanzielle Nöte geriet, bot er es der Edison Bell Company, der Erfinderin des Phonographen an, aber der Eigentümer James E. Hough sagte: „Hunde hören keinen Phonographen zu“.

Francis hängte das Bild gut sichtbar in seinem Atelier auf, ließ indessen in seinen Bemühungen nicht nach, das Bild zu verkaufen, denn für ihn hatte es eine magische Ausstrahlung. Damit es einen Käufer finde, versuchte er, das Gemälde zu verbessern, und im Sommer 1899 wurde er bei der neuen Grammophon-Gesellschaft „Gramophone and Typewriter Company (G & T)“ mit einem Foto seines Bildes vorstellig und fragte, ob sie ihm ein Grammophon ausleihen könnten, damit er sein Gemälde verbessern könne. In einem Artikel für die Zeitschrift The Strand schrieb der Maler: „Der Direktor Barry Owen fragte mich, ob das Bild zu kaufen sei und ob ich eines ihrer Geräte, ein Grammophon, detailgerecht darstellen könne. Ich gab ihm zur Antwort, dass das Gemälde zu kaufen sei und ich entsprechende Änderungen vornehmen könne, wenn er mir ein Instrument mitgebe, damit ich es abmalen könne.“ Der Betrag über 100 englische Pfund besiegelte am 4. Oktober 1899 den Vertrag.

Dieses Bild erschien erstmalig in einer Werbung im Jahre 1900. Am 16. Juli 1900 ließ Berliner das berühmte Logo seiner Firma eintragen: Ein netter kleiner Hund, den viele für einen Fox Terrier oder einen Jack Russell halten, lauscht entzückt einem Grammophon, dazu der Slogan „His Master's Voice“. Dieses Logo sollten später auch die Plattenfirmen RCA RECORDS und RCA VICTOR aufgreifen.

Der Erfinder des Grammophons Emile Berliner forderte, dass die nordamerikanischen Rechte an dem Bild an die Victor Talking Machine Company gingen. Victor nutzte das Bild noch intensiver als ihre britische Tochtergesellschaft, und ab 1902 zeigten alle Schallplatten von Victor das Bild des Hundes mit dem Grammophon von Francis Barrauds. Die Werbeanzeigen aus jener Zeit legten den Käufern von Schallplatten nahe „nach dem Hund zu suchen“.

Erst ab 1907 bildete die britische Tochtergesellschaft „Die Stimme des Herrn“ auf ihren Schallplatten ab. Das Gemälde, der Titel und sonstige Rechte wurden aufgrund des großen Erfolgs 1910 als Marke eingetragen.

Nipper brachte Francis Barraud großes Glück. Der Maler fertigte 24 Kopien von dem Originalbild an und wurde zu einem berühmten und angesehenen Maler und Fotografen. Er starb 1924 auf dem Höhepunkt seines Ruhms.

Das Ölgemälde „Die Stimme seines Herrn“ befindet sich im Hauptsitz der EMI Music am Gloucester Place. In entsprechendem Licht betrachtet kann man immer noch den ursprünglichen Phonographen unter der zweiten Farbschicht erkennen.

Nipper wurde in Kingston, London, in einem Park beerdigt, in dem zur damaligen Zeit mehrere Magnolienbäume standen. Mit den Jahren verschwand der Park und heute steht dort ein Gebäude der Lloyds Bank. Am Haupteingang erinnert eine Bronzeplatte an die Grabstätte des musikalischsten Mischlings der Welt.

Es gab auch einen Versuch von EMI, an Nippers Geburtshaus in Bristol eine Gedenktafel anbringen zu lassen. Der Eigentümer aber lehnte dies ab, da er ein gutes Geschäft witterte, und forderte die Firma auf, das Haus doch zu kaufen, wenn sie dort eine Tafel anbringen wollte.

Die so geschaffene Marke zählte zu den 10 wichtigsten Marken des 20. Jahrhundert.

Es gibt eine schöne Anekdote, die in diesem Zusammenhang nicht fehlen darf: 1980 hatten die HMV-Läden, die es auch heute noch in Großbritannien gibt, einen kleinen Hund gefunden, der Nipper ähnlich sah und den sie Toby nannten. Sie setzten ihn bei Eröffnungen und Vorstellungen von neuen Schallplatten für die Ladenkette ein … aber kalten Kaffee sollte man nicht wieder aufwärmen … Toby war launisch und sein streitsüchtiger Charakterzug erschwerte seine Auftritte erheblich. Er war ein richtiger Terrier, und die HMV-Kette ließ ihn in der Obhut eines Mitarbeiters, der ihn nicht richtig erziehen konnte. 1984 wurde ihm wegen seiner schlechten Manieren sogar die Teilnahme an der Crufts-Hundeshow verwehrt.

Und das war die Geschichte eines Zaubermischlings, der dem Maler, der ihn bei sich aufnahm, seinen Traum nach Ruhm erfüllte.

Rafael Fernández de Zafra